BGH: Freiheitsentziehende Unterbringung liegt bereits vor, wenn ein fortbewegungsfähiger Mensch den natürlichen Willen entwickeln und umsetzen könnte, die Einrichtung zu verlassen, auch wenn er das bislang nicht versucht hat.

Wird ein Betroffener, der sich allein mit seinem Rollstuhl fortbewegen kann, in einer Wohneinrichtung untergebracht, deren Außentür verschlossen wird, damit der Betroffene den geschützten Bereich nicht eigenmächtig verlassen kann, ist diese Unterbringung mit einer Freiheitsentziehung verbunden.

Zwar stellt es keine Freiheitsentziehung dar, wenn der Betroffene faktisch nicht in der Lage ist, sich räumlich zu entfernen (vgl. BVerfG FamRZ 2016, 1738 Rn. 98; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2015 – XII ZB 89/15 – FamRZ 2015, 1484 Rn. 25).

Die Betroffene kann sich hier eigenständig mit ihrem Rollstuhl fortbewegen und – angesichts einer offenen Tür – den natürlichen Willen entwickeln und umsetzen kann, die Wohneinrichtung durch die offene Tür zu verlassen. Dass die Betroffene angesichts der bislang verschlossenen Außentür bislang nicht versucht hat, die Einrichtung zu verlassen, kann nicht die Annahme rechtfertigen, sie habe überhaupt nicht den natürlichen Willen dazu.

BGH,  Beschluss vom 24. Mai 2017, XII ZB 577/16

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