Freiheitsentziehung

Hammer WW 2

 


AG Garmisch-Partenkirchen: Freier Willen beinhaltet Einsichtsfähigkeit und Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln.

Das Gericht ist nicht befugt, seine eigene, als für den Betroffenen sinnvoll empfundene Entscheidung an die Stelle des freien Willens des Betroffenen zu setzen. Der Begriff des freien Willens beinhaltet die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln. Freie Willensbildung ist ausgeschlossen, wenn ein Betroffener nicht im Stande ist, seinen Willen unbeeinflusst von der vorliegenden psychischen Erkrankung zu bilden und danach zu handeln. Hierzu muss ein Betroffener in der Lage sein, seine Situation in ihren wesentlichen Grundzügen zu verstehen und eine Abwägung im Rahmen seines im Laufe des Lebens entwickelten Wertesystems zu treffen. Ein Betroffener muss also krankheitseinsichtig sein, d.h. er muss sich der Krankheit bewusst sein und muss deren Folgen im Groben abschätzen können. Und er muss auch eine Abwägung zwischen den Nachteilen des Krankenhausaufenthaltes, eventuellen Nebenwirkungen der Behandlung und dem Risiko der Nichtbehandlung der Erkrankung vornehmen können. Dabei dürfen weder infolge der psychischen Erkrankung die kognitive Voraussetzungen der Erkenntnis und der Intentionsbildung beeinträchtigt sein, noch die motivationalen Voraussetzungen der Willensbildung verändert sein, indem durch die Erkrankung der Zugang zu Wertvorstellungen verstellt wird oder Wertgefüge oder affektive Grundlagen von Entscheidungsprozessen verformt werden. Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, A XVII 620/15, Beschluss vom 30.12.2015 Link zur Entscheidung



AG Garmisch-Partenkirchen: In Pandemie erfordert eine kurzzeitige Psychiatrie-Unterbringung eine akute, nicht nur ernste Gefahrenlage

Grundsätzlich setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nummer 1 BGB keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten voraus. Ausreichend, zugleich aber auch notwendig ist nur eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten. (BGH Beschluss vom 20.05.2017 XVII ZB 577/16, und vom 5. März 2014 - XII ZB 58/12 - FamRZ 2014, 831 Rn. 9 mwN und vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14).   In der aktuellen Pandemiesituation muss aber für die vorübergehende geschlossene Unterbringung eines Betreuten im psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich eine akute unmittelbar bevorstehende Gefährdungslage angenommen werden, um die mit einer Krankenhausaufnahme verbundene aktuelle Risikoerhöhung zu rechtfertigen. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, ob der Patient im Falle eines Krankenhausaufenthaltes die Fähigkeit voraussichtlich aufbringen wird, Maßnahmen des hygienischen Eigenschutzes einzuhalten und umzusetzen.   Der Grad der sich daraus ergebenden Gefahren ist in Relation zum möglichen Schaden bei Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (vgl. BGH,  Beschluss vom 24. Mai 2017, XII ZB 577/16) . Aktuell und in den nächsten Wochen bestehen auch erhebliche Risiken, die mit einem zwangsweisen Verbringen und nachfolgenden Aufenthalt eines sich selbst gefährdenden Menschen im Krankenhaus verbunden sind, weil aktuell mit einem zwangsweisen Aufenthalt im psychiatrischen Krankenhaus die Betroffene sich zusätzlichen Risiken aufgrund der Pandemie aussetzen müsste, so dass unter den aktuellen Rahmenumständen eine zwangsweise Unterbringung, auch nur zur erneuten Begutachtung unverhältnismäßig wäre. Es muss befürchtet werden, dass der Schaden für die 80-jährige Betroffene höher wäre als der Nutzen einer solchen Maßnahme.     Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 30.3.2020,  A XVII 564/19 Link zur Entscheidung



AG Garmisch-Partenkirchen: Krankenhauspatient mit zeitweiser Einwilligungsfähigkeit entscheidet selbst verbindlich für Schutzmaßnahmen in schlechten Tagesphasen

Der Wille eines Krankenhauspatienten mit fluktuierendem Krankheitsbild, der in einwilligungsfähigen Phasen entscheidet,  wie er für Tagesphasen gesichert (oder eben nicht gesichert) werden soll, in denen er die Risikolage nicht erfassen kann, geht jeder Betreuer- oder Richterentscheidung vor. Es kommt keine Entscheidung über den Kopf des Betroffenen hinweg in Betracht. Diese Selbstbeschränkung seiner Mobilität, der er insbesondere auch für die verwirrten Phasen des Tages ausdrücklich zugestimmt hat, gilt auch für die Zeiträume in einem fluktuierenden Zustandsbild, in denen keine Einwilligungsfähigkeit gegeben ist. Dies betrifft sowohl das Verbot von fixierenden Schutzmaßnahmen als auch deren Gestattung.   Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 19.2.2016, A XVII 44/16 Link zur Entscheidung



AG Garmisch-Partenkirchen: objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens erforderlich

Die Genehmigung einer Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB setzt das Bestehen einer qualifizierten Gefährdungslage voraus. Über eine dringende medizinische Behandlungsempfehlung hinausgehend muss auch eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betroffenen bestehen. Notwendig ist eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten. Das setzt objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus.  Reine Spekulationen über eine theoretisch denkbare Gefährdungssituation reichen dafür nicht aus.   Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen,  Beschluss vom 30.12.2015,  A XVII 632/15 Link zur Entscheidung  



AG Garmisch-Partenkirchen: Wer keinen natürlichen Wunsch zeigt, eine Station zu verlassen, obwohl körperlich in der Lage wäre, wird allein durch verschlossene Stationstüren nicht  beschränkt.

Maßgeblich ist bei der juristischen Qualifikation einer Maßnahme als geschlossene Unterbringung, ob eine  Beugung eines natürlichen Willens stattfindet. Gemeint ist hier nur der natürliche Wille, also der Wunsch, den Standort zu verändern. An die entsprechende Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen. Wären dabei Zweifel verblieben, hätte eine Genehmigung erfolgen müssen. Zeigt aber  die betroffene Person aber mit ausreichender Sicherheit keinen Wunsch oder Willen den geschlossenen Bereich verlassen zu wollen, liegt begrifflich keine Freiheitsentziehung  vor. Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 30.12.2016, Az.:            A XVII 597/16 Link zur vollständigen Entscheidung



AG Kassel: raptusgefahr rechtfertigt grundsätzlich keine dauerhafte Fixierung

Der bloße Umstand, dass anfallartige Fremdgefährdungen durch gewalttätige Ausbrüche bei einem psychisch Erkrankten festgestellt werden können, rechtfertigt wegen der erforderlichen Abwägung mit den Freiheitsrechten des betroffenen Patienten regelmäßig keine derartige gesteigerte freiheitsentziehende Maßnahme. Anfallartige Ausbrüche haben nämlich auch die Eigenschaft, dass sie nur von vorübergehender Dauer sind und die Dauer der anfallsfreien Phasen um ein vielfaches länger ist als die Dauer der Anfallsphasen. AG Kassel, Urteil vom 29.01.2015, 435 C 5598 / 13 Details zum Nachlesen



BGH: Alkoholismus rechtfertigt Unterbringung nur, wenn Alkoholismus im Zusammenhang mit psychischer Erkrankung steht oder Zustand eingetreten ist, der Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat.

Alkoholismus für sich gesehen ist keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB, so dass allein darauf die Genehmigung der Unterbringung nicht gestützt werden darf. Ebenso wenig vermag die bloße Rückfallgefahr eine Anordnung der zivilrechtlichen Unterbringung zu rechtfertigen. Alkoholismus kann als psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB angesehen werden, wenn der Alkoholismus entweder im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen, insbesondere einer psychischen Erkrankung, steht oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat. Deshalb kann die geschlossene Unterbringung zur Vermeidung einer erheblichen Selbstgefährdung auch dann genehmigt werden, wenn eine gezielte Therapiemöglichkeit nicht besteht. BGH, Beschluss vom 03.02.2016, XII ZB 317 / 15 Link zu Details der Entscheidung



BGH: Freiheitsentziehende Unterbringung liegt bereits vor, wenn ein fortbewegungsfähiger Mensch den natürlichen Willen entwickeln und umsetzen könnte, die Einrichtung zu verlassen, auch wenn er das bislang nicht versucht hat.

Wird ein Betroffener, der sich allein mit seinem Rollstuhl fortbewegen kann, in einer Wohneinrichtung untergebracht, deren Außentür verschlossen wird, damit der Betroffene den geschützten Bereich nicht eigenmächtig verlassen kann, ist diese Unterbringung mit einer Freiheitsentziehung verbunden. Zwar stellt es keine Freiheitsentziehung dar, wenn der Betroffene faktisch nicht in der Lage ist, sich räumlich zu entfernen (vgl. BVerfG FamRZ 2016, 1738 Rn. 98; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - FamRZ 2015, 1484 Rn. 25). Die Betroffene kann sich hier eigenständig mit ihrem Rollstuhl fortbewegen und - angesichts einer offenen Tür - den natürlichen Willen entwickeln und umsetzen kann, die Wohneinrichtung durch die offene Tür zu verlassen. Dass die Betroffene angesichts der bislang verschlossenen Außentür bislang nicht versucht hat, die Einrichtung zu verlassen, kann nicht die Annahme rechtfertigen, sie habe überhaupt nicht den natürlichen Willen dazu. BGH,  Beschluss vom 24. Mai 2017, XII ZB 577/16 Details dazu



BGH: geschlossene Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten voraus

Die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten voraus. Notwendig ist eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betreuten. Dies setzt objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus. Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen.   BGH,  Beschluss vom 24. Mai 2017, XII ZB 577/16 Details dazu



BGH: Recht der ärztliche Zwangsmaßnahmen verfassungswidrig, soweit Personen ohne Weglauftendenz ausgeschlossen

Der Bundesgerichtshof hält die im Jahr 2013 eingeführten Bestimmungen über ärztliche Zwangsmaßnahmen für verfassungswidrig, soweit sie betreute Personen ohne Weglauftendenz von solchen Zwangsmaßnahmen ausschließen. Er sieht darin einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und hat deshalb im Weg der Richtervorlage das Bundesverfassungsgericht angerufen. Der BGH sieht keinen hinreichenden Grund, solche Betroffene von der Anwendung der Regeln der Zwangsbehandlung auszuschließen, die sich einer dringend erforderlichen stationären Behandlung zwar verweigern, aber räumlich nicht entziehen wollen und/oder können. Die Gesetzeslage laufe  darauf hinaus, dass dem noch zum "Weglaufen" Fähigen geholfen werden kann, während etwa derjenige, der aufgrund der Krankheit schon zu schwach für ein räumliches Entfernen ist, auch bei schwersten Erkrankungen seiner Krankheit überlassen bleiben muss. BGH, Beschluss vom 01.07.2015, Az.: XII ZB 89/15 Details zur Entscheidung



BGH: Unterbringungsentscheidungen, die über ein Jahr hinausgehen, bedürfen besonderer Begründung

Die Befristung einer Unterbringungsmaßnahme auf längstens ein Jahr stellt eine gesetzliche Höchstgrenze für die Dauer der Unterbringung dar, die nur unter besonderen Voraussetzungen überschritten werden darf. Eine Abweichung vom Regelfall im Hinblick auf den hohen Rang des Rechts auf Freiheit der Person ausreichend zu begründen, etwa mit konkreten Feststellungen über die Dauer einer notwendigen Therapie oder aus fehlenden Heilungs- und Besserungsaussichten bei anhaltender Eigengefährdung ergeben. Das  Merkmal der "Offensichtlichkeit" erfordert, dass die Gründe für eine über ein Jahr hinaus währende Unterbringungsbedürftigkeit für das sachverständig beratene Gericht deutlich und erkennbar hervortreten BGH, Beschluss vom 06.04.2016, XII ZB 575 / 15 Details zur Entscheidung  



BGH: Voraussetzungen einer Unterbringung eines Alkoholkranken ohne Therapieaussichten

Alkoholismus für sich gesehen ist keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Etwas anderes gilt, wenn der Alkoholismus entweder im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen steht, insbesondere einer psychischen Erkrankung, oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat („Korsakow-Syndrom“). Die geschlossene Unterbringung zur ausschließlichen Vermeidung einer lebensbedrohenden Selbstgefährdung kann auch dann genehmigt werden, wenn keine gezielte Therapiemöglichkeit besteht. Eine Unterbringung zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge einer psychischen Erkrankung setzt aber  voraus, dass der Betroffene aufgrund der Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann, also krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, seinen Alkoholkonsum selbstverantwortlich zu steuern und einen alsbaldigen Rückfall in lebensbedrohliche Zustände zu vermeiden. BGH, Beschluss vom 25.03.2015, XII ZA 12 / 15 Details zum Nachlesen



Dauer: OLG Bamberg: Genehmigungspflicht, wenn Fixierung voraussichtlich 3 Tage überschreitet

Fixierung (Eingitterung, Bauchgurt, Handfesseln usw.), die im Rahmen einer ärztlichen (hier intensivmedizinischen) Heilbehandlung ohne wirksame Einwilligung des Patienten haben von vorneherein keinen freiheitsentziehenden Charakter, solange sich der in einem nicht ansprechbaren und lebensbedrohlichen Zustand eingelieferte Patient in einem künstlichen Koma befindet. Dem Merkmal einer "längeren Dauer" iSd des § 1906 Abs. 4 BGB unterfallen grundsätzlich nur solche freiheitsentziehenden Eingriffe, die aller Voraussicht nach eine Gesamtdauer von drei Tagen überschreiten werden.
OLG Bamberg, Urteil vom 05.12.2011, 4 U 72 / 11




Fortbewegung: BGH: Schutzgut Bewegungsfreiheit, wenn willensgesteuerte Aufenthaltsveränderung nicht ausgeschlossen werden kann

Das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mittels eines Beckengurts stellen freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB dar, wenn der Betroffene durch sie in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Dieses ist dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Betroffene zu einer willensgesteuerten Aufenthaltsveränderung in der Lage wäre, an der er durch die Maßnahmen gehindert wird.   BGH, Beschluss vom 27.06.2012, XII ZB 24 / 12 Details zum Nachlesen



Fortbewegung: LG Frankfurt/M: Maßnahme genehmigungspflichtig, wenn sie auch darauf abzielt, an der (Fort-)Bewegung zu hindern

Die Anbringung eines Therapietisches am Rollstuhl der Betroffenen bedarf als Freiheitsentziehung durch eine mechanische Vorrichtung der gerichtlichen Genehmigung, wenn die Maßnahme auch darauf abzielt, an der (Fort-)Bewegung zu hindern. LG Frankfurt/M. -Beschluss v. 17.12.1992 - 2/9 T 994/92 Details zum Nachlesen...



Gefahr: AG Bielefeld: Risiken im Straßenverkehr oder von Erfrierungen

Zur Annahme der Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Schadenszufügung reicht es aus, dass der betroffene Heimbewohner aufgrund seines planlosen Verhaltens ohne Beachtung des Straßenverkehrs umherirrt und sein Leben oder seine Gesundheit dadurch gefährdet, dass er überfahren wird oder sich bei entsprechender Kälte Erfrierungen zuzieht. AG Bielefeld, Beschluss vom 16.09.1996, 2 XVII B 32 Details zum Nachlesen



Gefahr: BGH: ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten erforderlich

Unterbringungsmaßnahmen nach § 1906 BGB setzen keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr voraus; notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten. Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus. BGH - Beschluss v. 13.1.2010 - XII ZB 248/09 Details zum Nachlesen



OLG Karlsruhe: Zwangsbehandlung steht in unauflöslichem Zusammenhang mit der jeweiligen Unterbringungsform

OLG Karlsruhe, 05.04.2016, 2 Ws 90 / 16   Eine Zwangsbehandlung steht in unauflöslichem Zusammenhang mit der jeweiligen Unterbringungsform, die unterschiedliche Zwecke verfolgt. Mit dem Übergang von einer Rechtsgrundlage einer Unterbringung auf eine andersartige Rechtsgrundlage endet auch die Rechtsgrundlage einer Zwangsbehandlung. Die gerichtliche Zustimmung zur Zwangsbehandlung bei einer einstweiligen Unterbringung nach § 126a Abs. 1 StPO entfaltet Wirkung nur bis zum Ende dieser einstweiligen Unterbringung. Nach Rechtskraft des Urteils über eine Unterbringung nach § 63 StGB bedarf es im Rahmen des Maßregelvollzugs einer neuen Entscheidung, selbst wenn eine medizinisch gebotene und rechtlich zulässige Zwangsbehandlung vorübergehend unterbrochen werden muss. Details zum Nachlesen    



Sitzwache: LG Heidelberg: permanente Sitzwache als Dauerwache im Krankenhaus nur bei zwingender Indikation, etwa wenn Fesselung indiziert, wegen konkreten Krankheitszustandes jedoch kontraindiziert

Eine permanente Sitzwache als Dauerwache muss  vom Krankenhaus nur in ganz besonderen Fällen, einer zwingenden Indikation, organisiert werden, etwa wenn eine Fesselung indiziert, wegen des konkreten Krankheitszustandes des Patienten jedoch kontraindiziert ist. Allein der Umstand, daß die Klägerin verwirrt war, verpflichtete das Krankenhaus nicht, die Dauerwache zu organisieren.  Gegen selbstgefährdende Handlungen als Folge des Verwirrtheitszustandes, durfte das Krankenhaus durch entsprechende Organisation der Kontrolle Vorsorge treffen, die Durchführung einer permanenten Sitzwache zur Verhinderung jedes nur vorstellbaren Risikos oblag der Beklagten nicht. LG Heidelberg, Urteil vom 05.11.1996, 4 O 129 / 93  Details zum Nachlesen  



Sitzwache: LSG Ba-Wü: Sitzwache zur Vermeidung allnächtlicher Gurtfixierung muss vom Sozialhilfeträger gezahlt werden

Kosten für eine Sitzwache zur Vermeidung einer allnächtlichen Fixierung sind nicht völlig unangemessen und müssen ggf. vom Sozialhilfeträger übernommen werden. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2012, L 2 SO 72 / 12 Details zum Nachlesen



Unterbringung: AG Garmisch-Partenkirchen: kein Rechtsgrundlage zur zwangsweisen Zuführung zu einer gebotenen Röntgenaufnahme

Die ambulante Röntgenuntersuchung und der damit verbundene kurzfristige Aufenthalt in einer Klinik oder Arztpraxis, dem der Betroffene notfalls unter Anwendung von Zwang zugeführt werden soll, sind nicht genehmigungsfähig. Das Gericht  darf diesen gesetzgeberischen Willen nicht aus dem wohlverstandenen Interesse des Betroffenen missachten, sondern hat ihn seinen Entscheidungen zugrundezulegen, auch wenn es von der Richtigkeit der zu Grunde liegenden Einschätzung nicht überzeugt ist. Die vom Betreuer beabsichtigte Maßnahme ist keine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung i. S. des § 1906 I BGB. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 1906 IV BGB liegen ebenfalls nicht vor.§ 1906 IV BGB schützt - ebenso wie Abs. I der Vorschrift - die körperliche Bewegungsfreiheit und die Entschließungsfreiheit zur Fortbewegung i. S. der Aufenthaltsfreiheit. Eine - unmittelbare oder ggf. entsprechende - Anwendung des § 1906 I Nr. 2 BGB kommt auch nicht im Hinblick darauf in Betracht, daß sich die beabsichtigte ambulante Behandlung gegenüber einer genehmigungsfähigen freiheitsentziehenden Unterbringung als „milderes Mittel" darstellen würde. Link zur Entscheidung



Versperren Außentür: BGH: Sofern die Tür auf Wunsch des Betroffene binnen 30 Minuten geöffnet wird, keine Unterbringung, aber unterbringungsähnliche Maßnahme

Das Versperren einer Außentür einer Einrichtung, die auf Wunsch des Betroffenen binnen 30 Minuten geöffnet wird, stellt keine Unterbrinung, aber eine unterbringungsähnliche Maßnahme dar Das regelmäßige Verschließen der Eingangstür während der Nachtstunden kann eine unterbringungsähnliche Maßnahme darstellen, wenn der Betroffene weder einen Schlüssel erhält noch ein Pförtner das jederzeitige Verlassen der Einrichtung ermöglicht. Kann mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Betroffene seine Bewegungsfreiheit so betätigen wird, dass die Maßnahme eine Beschränkung darstellt, dann besteht für eine betreuungsgerichtliche Genehmigung kein Bedürfnis.   BGH, Beschluss vom 7. Januar 2015 - XII ZB 395/14  Details zum Nachlesen



Zielrichtung: BGH:  feM nur, wenn auf Beschränkung der Bewegungsfreiheit abgezielt wird.

Eine unterbringungsähnliche Maßnahme liegt daher nur dann vor, wenn mit der Maßnahme zumindest auch auf eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Betroffenen abgezielt wird. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2015 - XII ZB 395/14  Details zum Nachlesen


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