OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.06.2003, 20 W 92 / 03

Die Fixierung eines geistig schwer behinderten Betreuten während der regelmäßigen Fahrten von der Wohnstätte zu einer Tagesförderstätte in einem Kleinbus mit einem von ihm selbst nicht zu öffnenden Bauchgurt zusätzlich zum Sicherheitsgurt kann vormundschaftsgerichtlich nicht genehmigt werden, wenn der Transport in die Tagesförderstätte zu einer Verschlechterung des Gesamtzustandes des Betroffenen führt und deshalb seinem Wohl nicht dienen kann.

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 26.06.2003, 20 W 92 / 03

 

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für eine regelmäßige Fixierung des in einer Heimeinrichtung lebenden Betroffenen während der von Montag bis Freitag beabsichtigten Fahrten über eine Strecke von jeweils ca. 25 km im Transportfahrzeug mit einem zusätzlichen, von dem Betroffenen nicht zu öffnenden Bauchgurt auch bei Anwesenheit einer mit der Öffnung des Bauchgurtes im Notfall beauftragten Begleitperson nicht erteilt werden kann.

Nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 BGB ist eine Fixierung mit einem Bauchgurt als freiheitsentziehende Maßnahme nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht , dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die beabsichtigte Fixierung ist zum Wohle des Betroffenen zur Abwendung erheblicher gesundheitlicher Schäden nicht erforderlich. Entgegen der ursprünglichen Erwartung hat der nunmehr seit mehreren Monaten praktizierte Verzicht auf den regelmäßigen Transport des Betroffenen von der Wohnstätte in die Tagesförderstätte Garbenteich nicht zu einer Verschlechterung des Zustandes des Betroffenen geführt. Vielmehr ergibt sich aus dem zum Zwecke der Entscheidung über die weitere Genehmigung der Unterbringung eingeholten ärztlichen Gutachten vom 10. Februar 2003, dass der Betroffene sowohl nach den fremdanamnestischen Angaben der geschulten Mitarbeiter der Wohnstätte seitdem sichtbar und deutlich entspannter ist und auch der Arzt selbst eine Verbesserung seines Zustandes registrierte, indem er ihn in der Untersuchungssituation deutlich besser leitbar, weniger abwehrend und auf Aufforderungen der ihm vertrauten Mitarbeiter reagierend erlebte. Dies steht in weiterer Übereinstimmung mit den Schilderungen des Betreuers während der Erörterung mit dem Vormundschaftsrichter vom 26. Februar 2003, wonach durch die Mitarbeiter der Einrichtung während einer Gesprächsrunde darauf hingewiesen wurde, dass sich die Verfassung des Betroffenen verbessert habe, seit er nicht mehr in die Tagesförderstätte transportiert werde. Deshalb bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme der von der weiteren Beschwerde befürchteten Regressionstendenzen.

Angesichts des auch mit der weiteren Beschwerde nochmals hervorgehobenen Umstandes, dass der Betroffene in der Vergangenheit gerade während der Transporte in dem Bus immer wieder in erhebliche Erregungszustände geraten war, die seiner Gesundheit ersichtlich abträglich sind, kann nicht festgestellt werden, dass die Verbringung in die zwar mit großflächigeren Räumen sowie Ruhe- und Bewegungsinseln ausgestattete Tagesförderstätte zum Wohle des Betroffenen zwingend erforderlich wäre. Die gesundheitliche Situation des Betroffenen hat sich ausweislich des Akteninhaltes in der Vergangenheit während der Zeit , in der er zu dem erklärten Zweck der weitestgehenden Förderung und Forderung geistiger und sozialer Kapazitäten regelmäßig in die Tagesförderstätte transportiert wurde, nicht zum Positiven verändert. Demgegenüber lässt sich sowohl nach dem letzten ärztlichen Gutachten als auch nach den Schilderungen aus dem Umfeld auch ohne Einholung eines weiteren Gutachtens feststellen, dass sich der Zustand des Betroffenen seit dem Verzicht auf den ständigen Orts- und Umgebungswechsel spürbar verbessert hat. Deshalb ergibt eine Gesamtabwägung, dass die regelmäßigen Bustransporte mit der beabsichtigten Fixierung wegen der damit verbundenen Belastungen des Betroffenen durch die hierbei immer wieder auftretenden Erregungszustände und die hohen Risiken für die Gesundheit des Betroffenen im Falle eines Unfalles, die nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auch durch eine Begleitperson nicht ausgeschlossen werden können, nicht dem Wohl des Betroffenen dienen.

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