Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Beschluss vom 30.12.2016, Az.: A XVII 597/16

Es ergeht durch das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen   ……   am 30.12.2016 folgender Beschluss

Das Unterbringungsverfahren wird eingestellt.

Gründe:

Betroffene ist – seit längerem diagnostiziert – an fortgeschrittener Demenz erkrankt, lebt in einem Pflegeheim und zeigt seit mehreren Wochen erhebliche Bewegungsstörungen der Arme und Beine. Grundsätzlich ist ihr die erforderliche Mobilität zu zutrauen, eigenständig die Station verlassen zu können. Sie befindet sich auf Veranlassung ihres Betreuers derzeit im psychiatrischen Krankenhaus auf geschlossener Station, um die Ursachen für die aktuelle Verschlechterung zu ermitteln und das Gesamtzustandsbild zu verbessern. Sie zeigt keinerlei Anhaltspunkte, die Station verlassen zu wollen.

Die angewandte Maßnahme eines Aufenthaltes im geschlossenen Bereich des psychiatrischen Krankenhauses hat im konkreten Fall  keinen freiheitsentziehenden Charakter.

Die Freiheitsentziehung bedeutet die Beugung des natürlichen Willens eines Betroffenen. Eine Willensbeugung ist vorliegend aufgrund des Zustandsbilds d. Betroffenen nicht feststellbar. Zweifel in der Beurteilung bestehen dabei nach richterlicher Überzeugung aktuell nicht.

Da  kein freier Wille d. Betroffenen besteht (Fähigkeit, die für und wider den bestimmten Aufenthaltsort und die Gefahren an anderem Ort sprechenden Umstände zu erkennen und sinnvoll gegeneinander abzuwägen), kann d. Betroffene zwar nicht verbindlich einwilligen in den Aufenthalt, weil die Tragweite einer derartigen Entscheidung nicht erkannt werden kann. Dies löst aber nicht bereits das Erfordernis einer richterlichen Entscheidung über den Aufenthalt in der geschlossenen Station aus.

Maßgeblich ist bei der juristischen Qualifikation einer Maßnahme als geschlossene Unterbringung vielmehr, ob eine  Beugung eines natürlichen Willens stattfindet.

Freiheitsentziehung bedeutet, dass ein Mensch gegen seinen natürlichen Willen an einen bestimmten Ort verbracht wird, den er nicht mehr aus eigenem Antrieb verlassen kann.

Freiheitsentziehung gehört im strafrechtlichen Bereich zu den Delikten der Willensbeugung. Gemeint ist hier nur der natürliche Wille, also der Wunsch, den Standort zu verändern. Auf Geschäftsfähigkeit etc. kommt es nicht an. Ein Mensch, der sich im natürlichen Willen mit seinem Aufenthaltsort einverstanden erklärt, wird nicht in seiner Freiheit beschränkt, auch wenn die äußeren Strukturen einer Unterbringung entsprechen.

Derjenige, dessen natürlicher Wille nicht gebeugt wird, ist nicht gegen seinen Willen untergebracht werden.

Wenn ein Mensch so gesundheitlich eingeschränkt ist, dass er nicht mehr den Wunsch entwickelt, einen bestimmten Ort zu verlassen, selbst wenn dies körperlich ihm noch theoretisch möglich wäre, wird seine Freiheit allein durch die Struktur (die Türen sind verschlossen) nicht  beschränkt.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 7.1.2015 (XII ZB 395/14 Rz. 28) ausgeführt:

„Zwar ist eine objektiv freiheitsentziehende Maßnahme im Zweifel genehmigungspflichtig . Kann aber mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Betroffene seine Bewegungsfreiheit so betätigen wird, dass die Maßnahme eine Beschränkung darstellt, dann besteht für eine betreuungsgerichtliche Genehmigung kein Bedürfnis.“

An die entsprechende Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen. Wären dabei Zweifel verblieben, hätte eine Genehmigung erfolgen müssen. Zeigt aber  die betroffene Person aber mit ausreichender Sicherheit keinen Wunsch oder Willen den geschlossenen Bereich verlassen zu wollen, liegt begrifflich keine Freiheitsbeschränkung vor.

Eine Genehmigung ist daher nicht erforderlich.

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