Am 3. Mai 2022 fand der 13. Fachtag Werdenfelser Weg statt, nochmals als online Veranstaltung.
Magersucht und rechtlicher Zwang –
Ursachen, Behandlungen und Lösungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Die Veranstaltung, die parallel die Situation der Minderjährigkeit und der Volljährigkeit betrachtete, wurde von ca. 270 Teilnehmern besucht, die auffallend intensiv und eifrig sich an den angebotenen Diskussionen beteiligten. Sie diente der Verzahnung von juristischem, ärztlichem und therapeutischem Wissen zu den Fragen des Zwangs und der Alternativen.
Den multiprofessionellen Ansatz zeigt ein Überblick der teilnehmenden Professionen:
Es nahmen teil Ärzte, Psychologen, Therapeuten, Pflegekräfte, Sozial-/Heilpädagogen, Patientenvertreter, Berufsbetreuer, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistände, Betreuungsrichter, Familienrichter, Betreuungsbehörden, Jugendämter, Selbsthilfegruppen, Rechtsanwälte, Suchtambulanzen, Gutachter, Bezirks-und Regierungsmitarbeiter, Beratungsstellen, ambulant betreute Wohngruppen, Gesundheitsämter, Unterbringungsbehörden, Sozialpsychiatrische Dienste, Jugendsozialarbeiter an Schulen, Kinderkliniken, Kinderheime, Psychosomatische Kliniken, Psychiatrien, Palliativstationen, Frauenberatungsstellen.
Begrüßung
Prof. Dr. Daniel Flemming, KSH München
Prof. Flemming begrüßte als Gastgeber Teilnehmer und Referenten und stellte die langjährige Kooperation mit der Initiative Werdenfelser Weg als gegenseitig hilfreich dar. Er führte auch inhaltlich ins Thema ein und betonte die wachsende Bedeutung.
Begrüßung und Einführung ins Thema
Josef Wassermann, Dr. Sebastian Kirsch
Josef Wassermann begrüßte alle Teilnehmer und Referenten im Namen der Initiative Werdenfelser Weg recht herzlich zum 13. Fachtag, dieses Mal für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die von Magersucht betroffen sind.
Es se eine spannende Herausforderung, den Kinder/Jugendbereich und den Erwachsenenbereich zu verbinden. Die Erkrankung beginne ja meist im Kindes-Jugendalter und erstrecke sich dann oft bis ins junge Erwachsenenalter oder auch darüber hinaus.
Anorexia nervosa sei eine Erkrankung, die oft schwer erkennbar sei und oft auch versteckt und verleugnet werde. Eine Erkrankung die von einer bestimmten Szene als Körperoptimierung gesehen werde. Ihr Slogan: „Nennt es Krankheit, ich nenne es Perfektion“
Wie bei jedem Thema, das wir bisher bearbeitet haben, gehe es um eine notwendige Veränderung, vor allem um eine Haltungsänderung. Es gehe insbesondere auch um einen Perspektivwechsel aller Beteiligten und um den gegenseitigen Austausch. Das Thema Essstörungen, bzw. Magersucht sei aktueller denn je, denn durch die Pandemie und deren Auswirkungen sei es nachweislich zu einem sprunghaften Anstieg der Erkrankungen gekommen. Der MM spricht in zwei aktuellen Artikeln von einem Tsunami bei Essstörungen und einen Anstieg von 50-100% im Vergleich zu vor der Pandemie. Hier wird der Chefarzt der psychosomatischen Station für Kinder und Jugendliche am Klinikums Nürnberg, Patrick Nonell zitiert.
Die Patient*innen werden zudem immer jünger. So ist eine Steigerung bei den 15-17 jährigen um 13% festzustellen, und ein überproportionales Plus von 7% bei 13-18 Jährigen.Was sind die Gründe für die hohen Fallzahlen: „Vereinsamung, kein Sport, keine Vereine, fehlende direkte Kommunikation und ein übergroßer Medieneinfluss während des Lockdowns. Insbesondere die sozialen Netzwerke wie Instagram belasten die Zahlen, weil hier das Aussehen, meist durch Filter verändert, eine enorme Rolle spiele und das ständige Vergleichen Frustrationen verursache und falsche Anreize schaffe, die gesundheitsschädlich seien.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, sei ein multiprofessioneller Ansatz notwendig, der auf Kommunikation und Miteinander ausgerichtet ist.
Dr. Kirsch betonte, dass heute sehr viel über die Spitze eines Eisberges geredet werden soll. Dem Therapeuten, dem es gelingt, einer Fehlentwicklung sanft steuernd entgegen zu wirken, gehöre unser größter Respekt. Der heutige Tag thematisiere absichtlich Extremsituationen.
Begriffe „Überzeugung“, „Druck“ oder „Zwang“ gehörten bei diesem Krankheitsbild in eine logische Kette. Überzeugung des Patienten, etwas an einer diagnostizierten Magersucht ändern zu wollen, bestehe wohl selten von Anfang an. Überzeugung des Patienten sei aber der einzige Schlüssel, ein langfristiges Arrangement eines Patienten mit seiner Erkrankung zu erreichen. Therapeuten könnten Anorexiepatienten nicht zwingen, gesund zu werden. Die einzige wirksame Behandlung für die Anorexia nervosa, Psychotherapie, brauche ein Mindestmaß an freiwilliger, aktiver Kooperation. Diese Überzeugung müsse der Therapeut vermutlich ausnahmslos immer erst erwecken.
Und deshalb komme den Fragen des Drucks und des Zwanges leider besondere Bedeutung zu. Jemandem zu seinem Glück zwingen, jemandem zum Überleben zwingen, stehe in hartem Kontrast zur Selbstbestimmung des Patienten, dem Recht auf Abwehr von Eingriffen von außen in seinen Körper.
Was ist der Unterschied zwischen Druck und Zwang? Zwang sei die hässliche große Schwester des Drucks. Druck wirke auf die natürliche Willensbildung des Patienten ein. Er willige unter Druck in den nächsten Schritt ein.
Der Zwang setze sich darüber hinweg. Der Patientenwille werde missachtet. Wir reden deswegen von den wenigen Fällen, in denen der juristische Zwang den therapeutischen Druck zementiere. Zulässigen therapeutischen Druck könne man nur dann ausüben, wenn man die Regeln des rechtlichen Zwangs kenne.
Deswegen reden wir bewusst über Grenzsituationen. Es sei kein legitimer Überzeugungsversuch unter Druck denkbar, der nicht auch die Grenzen des rechtlichen Zwangs kenne und beachte. Wenn wir also über die große hässliche Schwester „rechtlicher Zwang“ sprechen, sprechen wir immer auch inzident über die Grenzen zulässigen Drucks. Hinzu komme etwas Elementares für unser Selbstverständnis: Alternativen ! Und deswegen gehörten zum multiprofessionellen Austausch heute elementar auch die Darstellung von Alternativen in diesem Bereich.
Grußwort
Sven Hannawald, Botschafter für psychische Gesundheit der Bundesregierung und der AOK Bayern
Sven Hannawald sprach sein Grußwort in Form eines Interviews mit Josef Wassermann auf Augenhöhe unter ehemaligen Profisportlern, die sich beide Themen der psychischen Gesundheit verschrieben haben.
Sven Hannawald ist als ehemaliger Spitzenleistungssportler AOK Botschafter für psychische Gesundheit und offizieller Botschafter der Bundesregierung der bundesweiten Offensive psychische Gesundheit. Sicher erinnern sich die meisten an Olympiasiege und Weltmeistertitel und den grandiosen Sieg bei der Vierschanzentournee 2004, wo er als erster Springer alle 4 Springen gewinnen konnte.
Und dann kam urplötzlich der Absturz ins Bodenlose, der Burnout, der seine Karriere beendete.
Man sah dann in den Medien auch Fotos, die stark an Magersucht erinnern und die schon allgemein diskutierte Frage nach den niedrigen Körpergewichten bei Skispringern nahm erneut Fahrt auf.
Gerade der Leistungssport bringt die Gefahr mit sich, auch mit der Ernährung an seine Leistungsgrenze zu gehen und auch darüber. Er berichtete über den Grenzbereich, in dem er sich als Profisportler bewegte. Das Dünnsein war für ihn und seine Kollegen Mittel zur Leistungsoptimierung. Da dies als Leistungssportler unter der Aufsicht ärztlicher Begleitung stattfand und ein Leistungsabfall, wie er sich in der Anorexia nervosa häufig ergibt, sofort in Trainings- und Wettkampfleistungen erkennbar geworden wäre, geht er davon aus, dass er und seine Kollegen damals und heute die Grenzen nicht überschreiten. Insofern konnte er sich klar zur Magersucht abgrenzen.
Er selbst stellt aber im Rückblick fest, dass das optische Erscheinungsbild, dass er heute rückblickend auf alten Bildern feststellt, von seiner eigenen Selbstwahrnehmung damals deutlich abweicht. Wenn er sich früher tagtäglich im Spiegel sah, war er nach eigener Schilderung offensichtlich nicht in der Lage zu einer objektiven Selbstwahrnehmung. Er erinnerte damit an die Körperschemastörungen, die Anorexiepatienten zeigen.
Er schilderte auch, wie er damals ein Leben lebte, dass sich 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr ausschließlich mit dem Erreichen seiner sportlichen Ziele befasste, ohne dass er seinen Gedanken eine entlastende Auszeit zugestand. So konnte er die Brücke bauen zu dem, wie viele anorektische Patienten in völliger gedanklicher Fixierung auf Gewichtsthemen ohne geistige Entlastung leben. Daraus leitete er die Anfälligkeit für Komorbidität ab, in seinem Fall einem damaligen Burnout, im Kontext der Anorexie häufig einer Depression.
Er appellierte an jeden Einzelnen, sich los zu lösen von den scheinbaren idealen der Social Media und forderte auf, sich nicht an vorgefertigten, oberflächlichen idealen zu orientieren, sondern Betroffene und Gefährdete zu bestärken, eigenständig Wünsche und Ziele im Leben zu entwickeln und zu finden.
Bericht über ihre Erkrankung
Nora
Nora ist 26 Jahre alt und seit 2012 aktives Mitglied der Selbsthilfegruppe OA (Overeaters Anonymus). Zuvor hat sie 2009/ 2010 mit damals 14 Jahren erstmals die Diagnose Anorexia nervosa erhalten.
Sie durchlief eine klassische Karriere einer Anorexie-Patientin. Sie schilderte, dass sie immer dann, wenn sie ihr subjektives Ziel, dünn zu sein, erreicht hatte, sich dennoch keine positiven Emotionen einstellten. Sie bemerkte, dass sie dennoch unglücklich war.
Dabei gab sie ihren eigenen persönlichen Tiefpunkt anlässlich eines zweiten Krankenhausaufenthaltes an. Sie hatte sich nach einem ersten Krankenhausaufenthalt mit einer vorübergehenden Gewichtszunahme fest vorgenommen, dass sie niemals mehr in den gefährdeten Bereich absinken würde. Als sie erneut in einen kritischen Bereich durch Gewichtsabnahme abrutschte, zeigte ihr das, dass es ihr nicht mehr möglich war, ihren Körper zu beherrschen. Ihr wurde vor Augen geführt, dass ihre Erkrankung und ihr Körper sie beherrschten.
Das sei der Punkt gewesen, der sie zu einem Umdenken gebracht habe. Sie schlug den Weg der Selbsthilfegruppe der anonymen Overeaters ein, der ihr subjektiv nachhaltig half. Mittlerweile ist sie schwanger und erwartet ihr erstes Kind.
Das 12-Schritte-Programm der Selbsthilfegruppe
Andrea Sieß-Meier, OA – Overeaters Anonymous Anonyme Selbsthilfegruppe für Ess-/Brech- und Magersüchtige
Als Betroffene berichtet sie über die Selbsthilfegruppe der OA-Gruppen (Overeaters Anonymus), die nach dem 12 Schritte-Programm der AA arbeiten. Die Gruppe besteht seit 1991, seit 1993 ist Fr. Meier-Sieß dabei und nimmt auch an Telefon-und Zoommeetings teil. Sie engagiert sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit und nimmt auch an Tagungen im deutschsprachigen Raum teil.
Frau Sieß-Meier stellte die Arbeit der anonymen Overeaters dar. Sie selbst war mit 20 Jahren in eine Lebenssituation geraten, bei der sie bemerkte, dass sich Fragen des Essens immer mehr in den Mittelpunkt ihres Denkens drängten. Sie stellte fest, dass die Beschäftigung mit Fragen des Ernährung einen Großteil ihres Tagesablaufs beherrschte. Ihre Lebenssituation war gekennzeichnet mit der gedanklichen Beschäftigung mit Essen einerseits und durch Fressanfälle andererseits. Die Verheimlichung ihrer Situation prägte ihr damaliges Leben zusätzlich. Rückblickend sei sie damals unglücklich gewesen.
Sie stellte das Programm der 12 Schritte dar, dass ihre Selbsthilfegruppe verfolgt, bei dem körperliche, psychische aber auch spirituelle Aspekte einbezogen werden. Das Programm sei ähnlich aufgebaut wie bei den anonymen Alkoholikern. Gerade der Austausch unter gleich Erkrankten und Genesenen bringe viel Unterstützung und Mut ins Leben. Eine Gemeinschaft, die einen hält und auch umarmt, anonym und bedingungslos.
Obgleich die Wurzeln ihrer Erkrankung schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen, schilderte sie, wie sehr sie nach wie vor von der Thematik erfasst sei, so dass die Befassung mit dem Programm der OA nach wie vor ein „Gerüst“ für ihr tägliches Leben sei.
Behandlung der akuten Unterernährung im Rahmen der Anorexia nervosa bei Minderjährigen
Priv.-Doz. Dr. Katharina Bühren, Ärztliche Direktorin kbo-Heckscher-Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie arbeitet seit 2016 am kbo-Heckscher-Klinikum, seit 2020 in München als Oberärztin auf einer der Akutstationen. Frau Dr. Bühren trat am 1. März 2022 die Nachfolge von Prof. Freisleder als Ärztliche Direktorin der Heckscher Klinik an. Sie leitet damit eine der größten kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken im deutschsprachigen Raum.
Frau Dr. Bühren praktizierte elf Jahre an der Uniklinik der RWTH Aachen. Sowohl klinisch als auch wissenschaftlich setzte sich Dr. Bühren dort intensiv mit der Magersucht im Kindes- und Jugendalter auseinander und habilitierte sich 2018 zu diesem Thema. Dr. Bühren war an der Gründung eines deutschlandweiten Registers zur Versorgungsforschung der jugendlichen Magersucht beteiligt, an dem mittlerweile 16 Universitäts- und Versorgungskliniken teilnehmen. Sie ist Vorsitzende dieses Registers und so weiterhin wissenschaftlich tätig.
Vortrag Dr. Bühren
Frau Dr. Bühren erklärte zunächst die wichtigsten Kriterien für die Diagnose der Anorexia nervosa und stellte dabei zunächst auf einen selbst verursachten bedeutsamen Gewichtsverlust ab. Typisch seien die tief verwurzelte Überzeugung der Patienten, zu dick zu sein und hormonelle Auswirkungen dabei.
Patientinnen zeigten dabei eine nur mehr eingeschränkte Nahrungsaufnahme, häufig eine erhöhte körperliche Aktivität und Symptome wie Erbrechen oder einen Medikamentenmissbrauch, beispielsweise mit Abführmitteln. 80-90 % der Patienten würden eine Gewichtsphobie entwickeln.
Körperbildstörungen wären typisch, aber nur auf die eigene Person und den eigenen Körper bezogen. Patientinnen wären in aller Regel auch nicht zugänglich, sich anderweitig über ihr Körperbild überzeugen zu lassen. Über die Hälfte der Patienten hätten daneben Angsterkrankungen wie soziale Phobien/Trennung Ängste, Zwangsstörungen oder affektive Störungen.
Sie betonte die sehr gute Heilungsquote von 70-80 % bei einer frühen intensiven Behandlung von jugendlichen Patienten. Zudem sei erfreulicherweise die Mortalität im Kinder- und Jugendalter sehr gering.
Aufgrund dieser Erkenntnisse plädierte sie, schon früh nach der Diagnose zu einer adäquaten und zügigen Behandlung der Anorexia nervosa im Kinder-und Jugendalter. Es sei in dieser Phase sehr wichtig, frühzeitig „herein zu grätschen“ und beherzt einzugreifen.
Man müsse für das Verständnis der Erkrankung bedenken, dass es sich nicht nur eine psychische Erkrankung, sondern daneben auch um eine neurobiologische Erkrankung handle.
Organisch äußere sich das in einem stark verlangsamten Herzschlag, in sinkenden Körpertemperaturen, in einer abnehmenden Knochenstabilität, in Haarausfall und Auffälligkeiten hinsichtlich der Menstruation bis hin zu deren Ausfall.
Sie berichtete von dem aktuellen Forschungsstand bezüglich des Leptinmangels und schlug den Bogen in die Menschheitsgeschichte, welche Funktion dem Leptin in der Entwicklung der Menschheit beizumessen war. Es wäre an Ansätzen gearbeitet, Leptin gegebenenfalls künstlich zuzuführen, die mit diesem Ansatz verbundenen Schwierigkeiten seien allerdings komplex und ein schneller Durchbruch nicht zu erwarten.
Sie berichtete über Forschungsergebnisse der Bildgebung, dass im Mangelzustand das Hirnvolumen der Hirnrinde schrumpfe und ein Verlust an Hirnrinde zu beobachten sei.
Sie stellte vor diesem Hintergrund dar, dass sie häufig in Patientengesprächen nicht die Krankheit Anorexia nervosa in den Vordergrund stelle, sondern insbesondere in kritischen Akutphasen über die somatischen Symptome mit den Patienten rede, also beispielsweise über den Verlust an Hirnvolumen, verlangsamten Herzschlag oder andere somatische Begleiterscheinungen, die die Patienten selbst bemerken. Die meisten Patienten müssten ein Problembewusstsein erst entwickeln.
Deswegen sei bei ihrem Behandlungsansatz die Gewichtszunahme in der Akutphase vorrangig, insofern arbeite sie häufig symptomatisch.
Eine Psychotherapie könne in dieser Phase allenfalls einen begleitenden Charakter haben, häufig beginne sie auch erst nachfolgend nach Überwindung der somatischen Krise.
Stationäre Behandlung von Anorexie im Jugendalter
Constanze Reichel, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Klinik Hochried
Frau Constanze Reichel ist Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie und zugleich Oberärztin der offenen Jugendtherapiestation der Klinik Hochried. Herr Florian Eckstein ist Pflege-und Erziehungsdienstleiter an der Klinik Hochried und gelernter Erzieher, systemischer Berater und Supervisor. Die Klinik Hochried ist eine Klinik für Kinder und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Ortsrand von Murnau.
Herr Eckstein gab vor ca. 3 Jahren hausintern den Anstoß für ein hauseigenes Konzept für den Umgang mit solchen Esstörungen, von denen wir heute reden. Gemeinsam und multiprofessionell wurde dann ein 4 bzw.5 Stufen-Konzept entwickelt, das hier vorgestellt wurde.
Es geht um ein Kernthema des heutigen Tages: starke therapeutische Einschränkungen der Freiheit, die mit zunehmender Compliance und zunehmendem Gewicht einer immer größeren Freiheit und Mitbestimmung weicht.
Frau Reichel begleitet dieses Konzept als Oberärztin auf ihrer Station, ein Konzept übrigens, was sich aus den Erfahrungen auch ständig verfeinert und weiterentwickelt.
Frau Reichel von der Klinik Hochried erläuterte im Rahmen des dort entwickelten Stufenplans die 3 Leitziele:
- Aufbau/ Stabilisierung des Gewichts
- „Normalisierung“ des Essverhaltens
- Abbau von Körperschemastörungen
Herr Florian Eckstein stellte dann den Stufenplan vor, an dem sich alle Mitarbeiter im Rahmen des Therapiekonzepts orientieren.
Er beginne mit einem strengen Ernährungsregiment, das geprägt sei von vorportionierten Mahlzeiten und erheblicher Bewegungsreduzierung, jedoch ohne Komplettüberwachung.
In den folgenden Stufen würden dem Patienten Schritt für Schritt eigene Verantwortlichkeiten zurückgegeben werden und Bewegungsmöglichkeiten wiedereröffnet werden. Dazu gehöre auch dass die Mitsprachemöglichkeiten bei der Essensauswahl wieder steigen würden.
Auf diese Art und Weise würden Schritt für Schritt Freiheiten zurückgegeben bis hin zu einer 5. Stufe, dem Entlass in die Normalität.
Er stellte auch die Schwierigkeiten dar, die sich der praktischen Umsetzung ergeben, insbesondere weil die Eigenmotivation bzw. Krankheitseinsicht der Patienten oft gering sei.
Er habe die Beobachtung gemacht, dass die Compliance der Patienten, auch wenn sie anfänglich vorhanden gewesen sei, häufig bei steigenden Gewicht wieder nach lasse. Er betonte dass eine engmaschige Familienarbeit als Teil des Konzepts von wesentlicher Bedeutung sei.
Als besonderes Problem stellte er dar, inwieweit eine geschaffene Motivation nachhaltig sei.
Juristischer Trialog: Zwangsmaßnahmen bei Anorexie im Falle der Minderjährigkeit bzw. Volljährigkeit
Prof. Dr. Isabell Götz, Vors. Richterin am OLG München, Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstags
Lars Mückner, Amtsgericht Duisburg
Sebastian Kirsch, Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen
In einem besonderen Format wurde ein fiktiver Fall einer Anorexie-Patientin bearbeitet. Wir haben das Experiment juristischen Trialog genannt.
In juristischer Hinsicht stellen sich immer wieder ähnliche Fragen, beispielsweise für Unterbringungen, Fixierungen, Zwangsbehandlung und Zwangsernährung, beispielsweise in einer lebensbedrohlichen Unterernährung einer Patientin. Deswegen haben wir einen Fall entwickelt, in dem wir diese Problemlagen streifen.
Das Besondere: wir spielten den identischen Fall parallel Schritt für Schritt für die Situation der Minderjährigkeit einerseits und für die Situation der Volljährigkeit der Patientin andererseits durch.
Die Situation der minderjährigen Patientin stellte Frau Prof. Dr. Isabell Götz dar. Sie ist Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München. Sie ist daneben Professorin an der Uni Mannheim. Sie ist daneben auch juristische Fachbuchautorin, unter anderem die Bearbeiterin des Palandt im Familienrecht. Und sie ist seit 2013 Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstagess und somit eine der einflussreichsten Personen für fachliche Fragen der Fortentwicklung des Familienrechts in der Bundesrepublik.
Die Situation der erwachsenen fiktiven Patientin stellt Lars Mückner dar. Er arbeitet am Amtsgericht Duisburg als Betreuungsrichter und Familienrichter und insbesondere auch in der Fortbildung der nordrhein-westfälischen Richterkollegen.
Derselbe Ablauf der Erkrankung einerseits, der therapeutischen Interventionen andererseits wurde erörtert für den Fall der Volljährigkeit der Patientin und somit nach Betreuungsrecht bzw. für den Fall der Minderjährigkeit und insofern nach Kindschaftsrecht.
Damit sollte insbesondere herausgearbeitet werden, wie derselbe Lebenssachverhalt unterschiedlich rechtlich zu beurteilen wäre, abhängig davon, ob die fiktive Patientin Anna gerade noch vor dem 18. Geburtstag steht, bzw. wenige Tage nach dem 18. Geburtstag.
Juristischer Trialog
Dabei ergab sich, dass beispielsweise nach Kindschaftsrecht dem Wunsch von Eltern, die in der Entscheidungssituation hoch belastet sind und den Wunsch äußern, Verantwortung auf einen anderen Entscheidungsträger abzugeben, rechtlich nicht nachgekommen werden kann, es sei denn man müsse eine Kindeswohlgefährdung feststellen. Spielraum unter der Grenze der Kindeswohlgefährdung gebe es nicht.
Nach Volljährigkeit aber, so ergab sich im Gespräch, würde von Betreuungsrichtern durchaus Eltern abgeraten, weiterhin ihre Verantwortung als rechtliche Betreuer fortzuführen, gerade weil man die hohe emotionale Belastung einerseits und das häufig stark in Mitleidenschaft gezogene Familienverhältnis sehe.
Auch beim Thema der Zwangsbehandlungen wurde herausgearbeitet, dass nach dem 18. Geburtstag über das Betreuungsrecht ein dichtes und strenges Regelwerk gilt, unter welchen besonderen Voraussetzungen eine Zwangsernährung bzw. Behandlung gegen den Willen des Patienten mit richterlicher Genehmigung denkbar wäre.
Und kurz vor dem 18. Geburtstag? Zu diesem Thema bestehen keine rechtlichen Regelungen, die einen Jugendlichen vor einer Behandlung gegen seinen Willen schützen. Eine richterliche Prüfung einer Elternentscheidung, durch Wahl einer ganz bestimmten therapeutischen Maßnahme gegen den Willen des Patienten zu intervenieren, findet grundsätzlich nicht statt. Die Möglichkeit richterlicher Intervention beginnt erst dort, wo eine Kindeswohlgefährdung nachweisbar wäre.
Gegenwärtig ist noch nicht einmal juristisch klar, welchen Stellenwert bei einer Entscheidungsfindung dem Willen und Behandlungswunsch eines 17-jährigen zugewiesen werden können.
Wenn im Rahmen einer Zwangsbehandlung zusätzlich Fixierungen notwendig werden, so orientieren sie sich bei der Erwachsenenpatientin am strengen Regelwerk der Zwangsbehandlung selbst quasi als gegebenenfalls notwendiger Teil der Behandlungsmaßnahmen.
Da im Jugendbereich ein vergleichbares Regelwerk fehlt, steht dem Familienrichter allenfalls offen, über § 1631b Abs.2 BGB die Regeln heranzuziehen, die bei einer erheblichen Selbstgefährdung zur Anwendung kommen. Auf diese Art und Weise kann gegebenenfalls mittelbar auch die Therapieeignung im Einzelfall geprüft und infrage gestellt werden.
Auch zu palliativen Situationen wurde erörtert. Während im Erwachsenenbereich nach dem 18. Geburtstag unserer fiktiven Patientin dem eigenen Sterbewunsch bzw. den Festlegungen einer Behandlungsuntersagung im Rahmen einer Patientenverfügung ein hoher Stellenwert beigemessen wird, ist dem jungen Menschen vor dem 18. Geburtstag die Abfassung einer Patientenverfügung nicht möglich.
Klinische Stationäre Behandlung schwerstgradiger Anorexia nervosa im Erwachsenenalter
Prof. Dr. Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor – Schön Klinik Roseneck, Chefarzt – Psychosomatik & Psychotherapie
Prof. Ulrich Voderholzer ist seit 2010 ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee.
Die Schön Klinik Roseneck war 1985 Deutschlands erste Klinik, die eine spezielle Behandlung für Patienten mit Essstörungen entwickelt und angeboten hat. Seit Bestehen der Klinik entwickelt man dort Essstörungstherapien kontinuierlich weiter auf der Basis neuester Forschungsergebnisse und evidenzbasierte Therapie-Ansätze und dem, was die Erfahrung in der Behandlung einer sehr großen Anzahl von Menschen mit Essstörungen gelehrt hat.
In Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München leitet Prof Voderholzer die dort angesiedelte Arbeitsgruppe Psychotherapie- und Versorgungsforschung mit den Forschungsschwerpunkten Zwangsstörungen und Essstörungen.
Mit einer Komplexstation nimmt die Klinik als eine von wenigen Einrichtungen in Deutschland Patienten auch mit extremer Magersucht – bei einem Body-Mass-Index (BMI) unter 13 kg/m² – auf. Die Idee ist eine schnelle Hilfe und eine intensive medizinische Versorgung sowie psychotherapeutische Betreuung von Anfang an.
Professor Voderholzer informierte darüber, dass im Erwachsenenbereich bei Langzeitstudien sich ergeben hätte, dass etwa 20-25 % der Patientin einen teilweise sehr jahrzehntelangen chronifizierter Zustand der Anorexia nervosa hätten.
Er wies im Übrigen darauf hin, dass die Körperschemastörungen von ihm häufig nicht unbedingt zum Zeitpunkt des Tiefpunkts des Gewichts beobachtet würden, aber deutlich mit anschließenden Gewichtszunahmen verbunden wären. Er wies insofern auf die häufigen Phobien mit steigenden Gewicht hin. Es hätte sich ergeben, dass in einem frühen Stadium ( bis 3 Jahre) deutlich bessere Heilungschancen bestehen und dass nach 7-jähriger Erkrankung die Heilungschancen noch mal erheblich herabgesetzt wären.
Er erklärte dies damit, dass sich auch das Gehirn an die Krankheit angepasst habe und dass auch adaptive Prozesse im somatischen Bereich stattfänden. Kognitive Einschränkungen seien häufig zu beobachten aber nicht zwingend.
Er beobachte, dass der Leidensdruck bei den Patientinnen dann oft aus körperlichen Schäden resultiere. Ursache für Todesfälle seien Situationen extremen Unterzuckers, Elektrolytstörungen oder ein massiver Anstieg der Leberwerte. Zudem verwies er darauf, dass etwa 30 % der Todesfälle auf Suizid zurückgehen. Statistisch wären etwa 70 % der Anorexie Patienten zugleich depressiv.
Auf der Komplexstation, die in diesen Tagen aus den Räumlichkeiten in Rosenheim auf das Klinikgelände Roseneck umgezogen sei, orientiere sich die Behandlung der schwersten Fälle von Beginn an einerseits an einer ausreichend medizinischen und pflegerischen Versorgung, andererseits an einer frühen Befassung mit den auslösenden bzw. aufrechterhaltenden Faktoren der Erkrankung.
Patienten würden in Vorgesprächen für die Aufnahme auf der Komplexstation ausgewählt, es handele sich insofern nicht um eine Zwangsmaßnahme bzw. geschlossene Unterbringung, sondern für einen grundsätzlich offenen Aufenthalt auf Station.
Eine Zwangsbehandlung, beispielsweise durch eine Nasensonde, seien nur in den seltensten Fällen als Notlösung zu diskutieren. Oft stünden noch andere angemessene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Wichtig sei die Folgen zu besprechen, den Patienten deutlich auf die Todesgefahr hinzuweisen und mit ihm seine Lebensziele zu erörtern.
Vor diesem Hintergrund erweise sich eine Zwangsbehandlung oft als vermeidbar. Patienten würden derartige Maßnahmen aber so gut wie immer als hochbelastend, auch im Rückblick empfinden.
Wenn eine Zwangsbehandlung im Rahmen einer Anorexie Behandlung diskutiert werde, dann könne sie nur Teil eines Gesamtbehandlungsplanes sein.
Im Wiederholungsfall, dass nach abgeschlossener Therapie erneut eine Zwangsbehandlung gestartet werde, sei immer fraglich und nur unter besonderen Umständen zu bejahen. Zwangsbehandlung dürfe keine Endlosschleife sein.
Die Begleitung einer Patientin als Verfahrensbeiständin bis zum Ende
Monika Wendt, Verfahrensbeiständin, Verfahrenspflegerin
Frau Monika Wendt ist gelernte Sozialarbeiterin mit knapp 30 jähriger Berufserfahrung im allgemeinen Sozialdienst unter der besonderen Anforderungen eines nordrheinwestfälischen Jugendamtes. Daran anschließend ist sie seit mehr als 15 Jahren als Verfahrenspflegerin und Verfahrensbeistand in mehreren oberbayerischen Amtsgerichtsbezirken unterwegs. Sie hat ihr Spektrum auch in dieser Zeit ständig erweitert. Sie war einige Jahre daneben auch stellvertretende Leitung eines heilpädagigischen Kinderheims, dessen Konzept sie mitgestaltet hat. Zudem ist sie ausgebildete Mediatorin und hilft als Umgangspflegerin, wenn es notwendig erscheint.
Was tun, wenn man als Verfahrensbeistand oder als Verfahrenspfleger die Interessen eines jungen Menschen vertreten muss, der sich zu Tode hungern will? In der Rechtsprechung besteht Übereinstimmung, dass der Verfahrenspfleger der Interessenvertreter des Patienten im gerichtlichen Genehmigungsverfahren ist. Sie sollen die Interessen des Patienten herausfinden und sie im Verfahren vortragen und zur Geltung bringen bzw. im Verfahren vertreten vergleichbar einem Verfahrensbevollmächtigten.
Frau Wendt berichtete in einem sehr nachdenklichen Vortrag über eine Verfahrensbeistandschaft (später Verfahrenspflegschaft) bezogen auf eine langjährige schwere Anorexiepatientin, die sie so in vielen Einzelverfahren etappenweise über 10 Jahre begleitete. Sie schilderte das Dilemma, einerseits im gerichtlichen Genehmigungsverfahren eine Interessenvertretung vornehmen zu sollen, die sich grundsätzlich an den Wünschen des Kindes oder jungen Erwachsenen orientieren soll, andererseits aber objektiv bestimmte lebenserhaltende Maßnahmen bzw. Unterbringungen oder Zwangsbehandlungen für richtig und notwendig zu erachten. Sie schilderte, dass die ganze Bandbreite von Kommunikation dabei stattfand, von vertraulichen Gesprächen mit dem Mädchen einerseits bis hin zu Kontakten, bei denen sie von der Patientin nur angebrüllt worden sei.
Ihr persönlich habe dabei sehr geholfen, dass sie die zufällige Möglichkeit hatte, die Patientin auch gelegentlich außerhalb des klinischen Settings und außerhalb der besonders kritischen Phasen zu treffen. Die Gespräche und zufälligen Begegnungen nach Abschluss einer besonders schwierigen Behandlungsphase hätten viele Aspekte ergeben, die sie in ihrer professionellen Tätigkeit in der nächsten Krise berücksichtigen konnte, beispielsweise Fragen von Lebenswünschen und Lebenszielen bzw. berufliche Pläne.
Sie appellierte in vergleichbaren Situationen Gelegenheiten zu schaffen, Gespräche auch insbesondere nach Krisen zu führen, um ein breiteres Bild über die Hoffnungen und Wünsche der Patientin zu erhalten.
Dabei könnten sich solche Gelegenheiten bei vielen Berufsgruppen ergeben im jeweils eigenen Kontext und sie regte an, dafür den jemals geeigneten Kontext zu suchen. Sie unterließ es auch nicht, dass dramatische Ende des konkreten Falles mit dem Tod der Patientin in jungen Jahren der Volljährigkeit zu erwähnen.
Angebote und Hilfemöglichkeiten
Frau Martinovic, Therapienetz Essstörungen, Diplom Sozialpädagogin und systemische Therapeutin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Fr. Martinovic ist seit 18 Jahren im Bereich der Essstörungen tätig und aktuell Geschäftsleiterin im ambulanten Bereich. Das Therapienetz Essstörung hat 12 Außenstellen, unter anderem eine in Garmisch-Partenkirchen, die dieses Jahr auch 10 jähriges Bestehen feiert.
Vortrag Martinovic
Frau Martinovic stellte in ihrem Beitrag das Therapienetzwerk Essstörungen vor.
Den Kern bilden neun ambulante Beratungsstellen in Oberbayern. Die Beratung schilderte sie als Kernstück ihrer Organisation. Dabei sei sie für Ansprechpartner aller Art offen, nicht nur Betroffene selbst, sondern auch für das Umfeld bis hin zum besorgten „Postboten“.
Die besondere Stärke sei die Begleitung des Falles über mehrere Jahre hinweg, wenn dies von Patienten gewünscht werde. Dies habe den besonderen Vorteil eines präventiven Ansatzes, der im Idealfall außerhalb von Krisen mit dem Patienten entwickelt werde. Dabei betonte sie wiederholt, dass es sich um ein rein freiwilliges Angebot handele, was interessierten Patienten gemacht werde.
Das Therapienetzwerk Essstörungen biete auch Einzelbetreutes Wohnen im Essstörungsbereich an, was sich als sehr vorteilhaft erwiesen habe, weil es eine praktische Umsetzung der Gesprächsinhalte dann vor Ort ermögliche. Was in Beratungsgesprächen erarbeitet worden sei, könne dann auch in der Wohnung des Klienten erprobt und umgesetzt werden.
Zudem biete ihre Organisation auch intensivtherapeutische Wohngruppen für Essstörungen an mehreren Standorten an. Oft würden diese Anlaufpunkte nach Klinikaufenthalten zur Stabilisierung benötigt.
Die Tagesklinik mit besonderen Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene
Dr. Karin Lachenmeir, Diplom Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Leiterin TCE – Therapie-Centrum für Essstörungen
Dr. Karin Lachenmeir ist als Psychologische Psychotherapeutin seit 2002 am TCE tätig, seit 2008 als Leiterin der Einrichtung.
Sie ist approbierte Verhaltenstherapeutin und hat Weiterbildungen in Körpertherapie und Systemischer Beratung absolviert. Seit 2011 ist sie zudem als Dozentin und Supervisorin für verschiedene Münchner Weiterbildungsinstitute tätig. Am TCE hat sie die Verantwortung für alle personellen, organisatorischen und fachlichen Fragen.
Vortrag Lachenmeir
Karin Lachenmeir gab einen Einblick in besondere Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Anders als in der Klinik werden diese Personen hier gemeinsam behandelt. Im Zentrum stehen eine Tagesklinik für 12 bis 15-jährige Patientin sowie eine Tagklinik und Wohngruppe für Patienten ab 15 Jahre.
Man arbeite mit einem Phasenmodell, dass sich in aller Regel an eine klinische Vorbereitungsphase anschließe. Es folge eine Intensivphase von ca. 4 Monaten, die ähnlich ausgerichtet sei wie eine stationäre Therapiephase. Danach schließe sich eine Stabilisierungsphase von in der Regel 4 Monaten an, die eine Teilrückkehr in die normalen Lebensumstände des jeweiligen Patienten erlaube. Nach Entlassung der Patientin finde noch eine Nachbetreuung statt.
Beim Therapieansatz verfolge man das System gestufte Selbstverantwortung. Es sei ein zentrales Anliegen, vielfältige therapeutische Angebote für die Teilnehmer bereitzuhalten.
Zusammenfassung, Verabschiedung und Ausblick
Josef Wassermann
Dr. Sebastian Kirsch