Krankenhaus

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AG Itzehoe: Unterbringung bei Selbstgefährdung trotz Lebensgefahr nicht gegen den freien Willen eines Erkrankten

Eine Unterbringung wegen Selbstgefährdung gegen den freien Willen der Betroffenen kommt nicht in Betracht kommt. Denn die grundrechtlich geschützte Freiheit schließt gerade auch die Freiheit zur Krankheit ein und damit das Recht, eine auf Heilung zielende Behandlung abzulehnen, selbst wenn diese nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt ist. Der Begriff des freien Willens beinhaltet die Einsichtsfähigkeit der Betroffenen und deren Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln. Freie Willensbildung ist ausgeschlossen, wenn ein Betroffener nicht im Stande ist, seinen Willen unbeeinflusst von der vorliegenden psychischen Erkrankung zu bilden und danach zu handeln. Hierzu muss ein Betroffener in der Lage sein, seine Situation in ihren wesentlichen Grundzügen zu verstehen und eine Abwägung im Rahmen seines im Laufe des Lebens entwickelten Wertesystems zu treffen. Dazu muss der Betroffene die Folgen der Behandlung und Nichtbehandlung überschauen und evtl. auch erst später eintretende Folgen antizipieren können. Ein Betroffener muss also krankheitseinsichtig sein, d.h. er muss sich der Krankheit bewusst sein und muss deren Folgen im Groben abschätzen können. Und er muss auch eine Abwägung zwischen den Nachteilen des Krankenhausaufenthaltes, eventuellen Nebenwirkungen der Behandlung und dem Risiko der Nichtbehandlung der Erkrankung vornehmen können. Dabei dürfen weder infolge der psychischen Erkrankung die kognitive Voraussetzungen der Erkenntnis und der Intentionsbildung beeinträchtigt sein, noch die motivationalen Voraussetzungen der Willensbildung verändert sein, indem durch die Erkrankung der Zugang zu Wertvorstellungen verstellt wird oder Wertgefüge oder affektive Grundlagen von Entscheidungsprozessen verformt werden. Warum sich die Betroffene so entscheidet, hat für das Gericht außer Betracht zu bleiben. Denn das Gericht ist nicht befugt, seine eigene, als für die Betroffene sinnvoll empfundene Entscheidung an die Stelle des freien Willens der Betroffenen zu setzen.   AG Itzehoe, Beschluss vom 12.08.2015, 86 XIV 1044 L Details zum Nachlesen



LG Heidelberg: Pflicht vermeidbares, jedoch nicht jedes vorstellbare Risiko zu vermeiden

Auch allgemeine Krankenhäuser haben, wenn sie bewußtseinsgetrübte Patienten behandeln, dafür zu sorgen, daß jede vermeidbare Selbstgefährdung ausgeschlossen wird; es muß aber nicht jedes nur vorstellbare Risiko verhindert werden. Eine permanente Sitzwache als Dauerwache muss  vom Krankenhaus nur in ganz besonderen Fällen, einer zwingenden Indikation, organisiert werden, etwa wenn eine Fesselung indiziert, wegen des konkreten Krankheitszustandes des Patienten jedoch kontraindiziert ist. Allein der Umstand, daß die Klägerin verwirrt war, verpflichtete das Krankenhaus nicht, die Dauerwache zu organisieren. Gegen die Folgen der Verwirrtheit, etwa selbstgefährdende Handlungen als Folge des Verwirrtheitszustandes, durfte das Krankenhaus durch entsprechende Organisation der Kontrolle der Klägerin durch das Pflegepersonal Vorsorge treffen, die Durchführung einer permanenten Sitzwache zur Verhinderung jedes nur vorstellbaren Risikos für die Klägerin oblag der Beklagten nicht. LG Heidelberg, Urteil vom 05.11.1996, 4 O 129 / 93  Details zum Nachlesen  



LG Lübeck: Unterbringung nach PsychKG auch bei Überwachung auf Intensivstation denkbar

Die ständige enge Überwachung des Betroffenen durch das Pflegepersonal einer Intensivstation über Monitore, auch an einem Büroarbeitsplatz auf dem Stationsflur und über ein Alarmsystem, das bei jeder Lösung eines medizinischen Geräts vom Körper einen Alarm auslöst, geben der Unterbringung auf einer an sich offenen Station einen freiheitsentziehenden Charakter.   LG Lübeck, Beschluss vom 27.11.2012, 7 T 732 / 12 Details zum Nachlesen



OLG München: Fixierung bei Alkoholdelirium nur bei eindeutigen Selbstgefährdungsanzeichen zulässig

Strengste Fixation im Bett eines im Alkoholdelirium im Krankenhaus eingelieferten Patienten   ist  ohne eindeutige Anzeichen einer Selbstgefährdung bzw. Suizidalität nicht zulässig und nicht medizinisch vertretbar. OLG München, Beschluss vom 07.05.1998, 1 W 1512 / 98 Details zum Nachlesen


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