LG Bonn, Beschluss vom 25.09.2012, 4 T 355 / 12

Die Fortbildung zum Fachkrankenpfleger und zum Fachwirt in der Alten- und Krankenpflege (IHK) ist keine Ausbildung an einer Hochschule vergleichbare Ausbildung.

LG Bonn, Beschluss vom 25.09.2012, 4 T 355 / 12

 

Der Betreuer ist Krankenpfleger mit der Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung „Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie“ sowie erfolgreicher Absolvent einer Weiterbildung zum Krankenhausbetriebswirt bei der TÜV-Akademie Rheinland.

Das Amtsgericht hat die Betreuervergütung zu Recht mit einem Stundensatz von 33,50 Euro festgesetzt. Ein Stundensatz von 44,- Euro ist nur dann anzuwenden, wenn der Betreuer für die Betreuung nutzbare Kenntnisse durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat (vgl. BGH, XII ZB 409/10, Rpfleger 2012, 315f.). Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (BGH, aaO; OLG Frankfurt OLGR 2009, 317 Rn. 11; OLG Karlsruhe OLGR 2007, 167 Rn. 5; BayObLG BayObLGR 2000, 35). Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BGH, aaO; BayObLG FamRZ 2001, 187). Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an (BGH, aaO; OLG Hamm FamRZ 2001, 1398; HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§ 3, 4 VBVG Rn. 15). Da § 4 VBVG ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang anknüpft, sind Fortbildungen, Lebens- und Berufserfahrung grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkenntnissen anzuerkennen. Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrachtung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind, entgegen (BGH, aaO.).

Nach diesen Kriterien kann die Fortbildung des Beschwerdeführers zum Fachkrankenpfleger und zum Krankenhausbetriebswirt nicht einer abgeschlossenen Hochschulausbildung gleichgesetzt werden. Der Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger liegt ausweislich des vorgelegten Zeugnisses (Bl. ## f. d.A.) eine zweijährige, im Wesentlichen (mit einem Anteil von 84 Wochen) berufspraktische Ausbildung in einem Krankenhaus zugrunde. Diese Weiterbildung dient gemäß § 1 des Weiterbildungsgesetzes Alten- und Gesundheits- und Krankenpflege (WGAuGuKrpfl; SGV.NRW 2124) der Vertiefung beruflicher Fähigkeiten in der Anästhesie- und Intensivpflege und damit nicht der Vermittlung eines Wissensstandes, der nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung wird daher auch kein akademischer Grad, sondern eine Weiterbildungsbezeichnung (Fachkrankenpfleger) verliehen (§ 2 WGAuGuKrpfl).

Die Weiterbildung zum Krankenhausbetriebswirt setzt nach der vom Beteiligten zu 1 vorgelegten Ausschreibung des TÜV Rheinland (Bl. ## ff. d.A.) keine (ggf. fachgebundene) Hochschulreife voraus; es genügt eine mindestens sechsjährige fachnahe Berufspraxis. Auch hier liegt der Schwerpunkt im Praktischen; die Weiterbildung wird geleitet von Fachdozenten „aus der Praxis für die Praxis“. Nach erfolgreichem Abschluss erhält der Weiterbildungsteilnehmer ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer. Dass ein Wissensstand vermittelt und geprüft wird, der nach Art und Umfang einem abgeschlossenen Hochschulstudium entspricht, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht.

Der Beteiligte zu 1 kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Stadt L ihn nach den Weiterbildungsmaßnahmen in die Vergütungsgruppe BAT IVb (gehobener Dienst) eingruppiert hat. Beim Bundesangestelltentarifvertrag handelt es sich um eine privatrechtliche Vereinbarung des kollektiven Arbeitsrechts. Die Parteien dieses Vertrages sind in der Regelung des Zugangs zu bestimmten Vergütungsgruppen frei. Die Betreuungsgerichte sind hingegen an das Gesetz gebunden.

Für die Auslegung von § 4 VBVG nicht maßgeblich sind (politische) Überlegungen, dass Bachelorabschlüsse, Meisterprüfungen, Fachwirtabschlüsse und Fachschulabschlüsse ein und demselben Qualifikationsniveau (dem Niveau 6 des Europäischen Qualifikationsrahmens) zugeordnet werden sollen. Das Ergebnis der Überlegungen zur Schaffung eines Deutschen Qualifikationsrahmens und dessen Einfluss auf die Gesetzgebung bleiben abzuwarten.

Zur vergütungsrechtlichen Gleichstellung einer jeglichen das Niveau einer Lehre übersteigenden Ausbildung mit einer Hochschulausbildung wäre ein Gesetzesbeschluss erforderlich. Nach geltendem Recht handelt es sich bei dem Erfordernis der abgeschlossenen Lehre oder des Hochschul- oder vergleichbaren Abschluss um ein Mindestkriterium zum Erreichen der jeweiligen Stufe der Vergütung.

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