OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2015, I – 3 Wx 27 / 15

Einem Hochschulabschluss im Sinne der Qualifikationsstufen des Vergütungsrechts vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Dies ist gegeben, wenn die Ausbildung staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch ein Hochschulstudium vermittelten entspricht. Die Ausbildung muss an einer Einrichtung erfolgen, die einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung dient, über einen entsprechenden wissenschaftlichen Lehrkörper verfügt und die Erlangung graduierter Abschlüsse ermöglicht, deren Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegten Prüfung belegt ist. Auf die Bezeichnung der Einrichtung kommt es nicht an.

Als Abgrenzungskriterien können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und der Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2015, I – 3 Wx 27 / 15

 

 

Infolge der  Bestellung als Verfahrenspfleger richtet sich die Vergütung nach den Vorschriften des VBVG, § 277 FamFG, § 1836 Abs. 1 und 3 BGB.

Danach erhält der Verfahrenspfleger, wenn die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird, eine Vergütung in entsprechender Anwendung der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 VBVG.

Die Frage, unter welchen Umständen ein Verfahrenspfleger im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine erhöhte Vergütung gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters.

Dabei ist der für die Vergütung maßgebliche Stundensatz nach § 3 Abs. 1 VBVG – wie bei § 4 Abs. 1 für Betreuer (dazu BGH NJW-RR 2012, 257) – nach der Qualifikation des Verfahrenspflegers in einer typisierenden dreistufigen Skala verbindlich festgelegt. Sie ist nicht allein davon abhängig, ob er über besondere Kenntnisse oder Fachkenntnisse verfügt, die für die Führung der Verfahrenspflegschaft nützlich sein können. Im Interesse einer problemlosen Handhabbarkeit wird die Qualifikation des Verfahrenspflegers von der Art seiner Ausbildung abhängig gemacht (vgl. auch BGH NJW-RR 2015, 141 zur Verfahrenspflegervergütung; und jüngst OLG Naumburg, FamRZ 2014, 235).

Der Grundbetrag der Vergütung beträgt 19,50 €, er erhöht sich je nach Qualifikation auf 25 € (Nr. 1) oder auf 33,50 € (Nr. 2), wenn der Verfahrenspfleger über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind.

Das Vorliegen solcher besonderen Kenntnisse kann zu seinen Gunsten unterstellt werden.

Allerdings kann das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht festgestellt werden. Er verfügt nicht über ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung. Sein Studium hat er nicht abgeschlossen. Er hat mit dem erfolgreichen Abschluss der Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann im Jahre 1987 lediglich eine abgeschlossene Ausbildung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG.

Die von ihm seither im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen erworbenen weiteren Kenntnisse sind nicht als eine einem Hochschulabschluss vergleichbare Ausbildung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG einzuordnen. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit unterliegt freier tatrichterlicher Würdigung. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter allerdings strenge Maßstäbe anzulegen (BGH, NJW-RR 2012, 452, zitiert nach Juris, Rdz. 12; BGH NJW-RR 2014, 387; BGH, NJW-RR 2014, 391; Jaschinski in: jurisPK-BGB Band 4, 7. Aufl., 2014, § 3 VBVG, Rdz. 19).

Einem Hochschulabschluss vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Dies ist gegeben, wenn die Ausbildung staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch ein Hochschulstudium vermittelten entspricht. Die Ausbildung muss an einer Einrichtung erfolgen, die einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung dient, über einen entsprechenden wissenschaftlichen Lehrkörper verfügt und die Erlangung graduierter Abschlüsse ermöglicht, deren Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegten Prüfung belegt ist. Auf die Bezeichnung der Einrichtung kommt es nicht an (Jaschinski a.a.O.)

Als Abgrenzungskriterien können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und der Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Die zu § 4 VBVG von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind insoweit entsprechend anwendbar. Dieser knüpft – ebenso wie § 3 VBVG – ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern. Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrachtung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind, entgegen.

Bei wertender Betrachtung sind die vom Beteiligten absolvierten Fortbildungsmaßnahmen daher nicht als vergleichbare Ausbildung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG einzuordnen, denn der Beteiligte hat weder eine Prüfung abgelegt, noch einen akademischen Abschluss erzielt. Ein Fortbildungsaufwand von lediglich 285 Stunden, verteilt auf insgesamt 14 Termine, bei denen jeweils abgeschlossene Themenbereich behandelt wurden, stellt keine vertiefte wissenschaftliche Vermittlung von Lehrstoff dar.

Die weiteren Fortbildungsmaßnahmen aus der Zeit vor 1991 dienten ersichtlich dem Erwerb der Prüfungsbefugnis für den Bereich „Groß- und Außenhandelskaufmann“. Ihrer Anerkennung als vergleichbarer abgeschlossener Ausbildung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG steht entgegen, dass es sich bei der Industrie- und Handelskammer nicht um eine Einrichtung handelt, die überwiegend der wissenschaftlichen Vermittlung von Lehrstoff dient.

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