OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 24.6.2009 – 5 WF 139/09)

Welche Gespräche zur Aufgabenerfüllung des Verfahrenspflegers geboten sind, ist vom Einzelfall abhängig und entzieht sich einer pauschalisierten Betrachtung. Sofern das Gericht ihn nicht zu bestimmten Tätigkeiten ausdrücklich veranlasst, hat er Art und Umfang seiner Aktivitäten nach eigenem Ermessen selbst zu bestimmen. Hierbei ist ihm nicht zuzumuten, den zeitlichen und materiellen Aufwand seiner Tätigkeit allein zur Kostenbegrenzung so einzuschränken, dass sie letztlich mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen dessen verfassungsrechtlich geschützte Rechte verletzt.

 

Im vorliegenden Verfahren geht es um den Vergütungsanspruch des vom Amtsgericht in einem Sorgerechtsverfahren bestellten Verfahrenspflegers. . . .

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Die Aufgabe des Verfahrenspflegers besteht darin, die subjektiven Interessen des Kindes im Verfahren zu vertreten und damit der Wahrung und Verwirklichung seines Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG zu dienen. Der Umfang seiner Tätigkeit umfasst deshalb die Erkundung dieser kindlichen Interessen, d. h. zu ermitteln, welche Wünsche und Interessen das Kind bei dem jeweiligen Verfahrensgegenstand leiten (BVerfG, FamRZ 2004, 1267, 1269).

Hierzu bedarf es neben der Feststellung des Kindeswillens der Einholung der für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Informationen. Er muss sich in erster Linie darum bemühen, mit dem Kind, dessen Interessen er zu vertreten hat, in Kontakt zu treten und sein Vertrauen zu gewinnen. Weiterhin muss er die nötigen Informationen durch Gespräche mit Bezugspersonen und beteiligten Institutionen (Kindesmutter, Jugendamt, Schulleitung usw.) sammeln, damit er die in deren Ausführungen zu Tage tretenden Kindesinteressen erkennen und vertreten kann (vgl. OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 5.12.2008 – 5 WF 203/04; OLG Frankfurt/M., FamRZ 2008, 1364). Welche Gespräche hierzu geboten sind, ist vom Einzelfall abhängig und entzieht sich einer pauschalisierten Betrachtung (OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 19.3.2009 – 1 WF 38/09). Sofern das Gericht ihn nicht zu bestimmten Tätigkeiten ausdrücklich veranlasst, hat er Art und Umfang seiner Aktivitäten nach eigenem Ermessen selbst zu bestimmen. Hierbei ist ihm nicht zuzumuten, den zeitlichen und materiellen Aufwand seiner Tätigkeit allein zur Kostenbegrenzung so einzuschränken, dass sie letztlich mangels ausreichender Wahrnehmung der kindlichen Interessen dessen verfassungsrechtlich geschützte Rechte verletzt (BVerfG, a. a. O.).

Der von dem Verfahrenspfleger abgerechnete Aufwand steht in innerem Zusammenhang mit der Wahrnehmung dieser besonderen Aufgabenstellung. Es mag zwar, wie der Bezirksrevisor meint, zutreffend sein, dass die Begleitung Minderjähriger zu Vorstellungsgesprächen auch Teil der Aufgaben der Sozialbehörde sein kann, entscheidend ist aber vorliegend für den Vergütungsanspruch, dass der Verfahrenspfleger nicht in deren Aufgabenbereich tätig werden wollte, sondern ausschließlich in seinem eigenen Aufgabenbereich agierte. Wenn im Annex hierzu die nach dem 3.4.2008 erbrachten Leistungen auch den Aufgabenbereich anderer Institutionen berühren, bleiben sie doch in erster Linie Teil der von ihm zu fordernden Wahrnehmung der subjektiven kindlichen Interessen und damit eine nach §§ 50 Abs. 5, 67a Abs. 5 S. 2, 56g FGG vergütungspflichtige Tätigkeit (vgl. BVerfG, a. a. O.; BGH, Beschluss v. 20.6.2007 – XII ZB 220/04 -, FamRZ 2007, 1548).

Bei der Feststellung des Umfangs der Vergütungspflicht ist grundsätzlich der in dem detaillierten Tätigkeitsnachweis dargestellte tatsächliche zeitliche Aufwand vollumfänglich zu berücksichtigen, insbesondere ist eine Herabsetzung auf einen durchschnittlich erforderlichen Zeitaufwand nicht zulässig (OLG Köln, Beschluss v. 10.9.2007 – 14 WF 124/07 -, ZKJ 2008, 123). Nur soweit der geltend gemachte zeitliche Aufwand einer Plausibilitätsprüfung nicht standhält, ist lediglich der Aufwand zu vergüten, der aus Sicht eines sorgfältig und gewissenhaft arbeitenden Verfahrenspflegers zur Wahrnehmung der Tätigkeit als notwendig angesehen werden kann (OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 19.3.2009 – 1 WF 278/08 -, Beschluss v. 19.3.2009 – 1 WF 38/09).

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